Pfad: Home => Events => Wochenüberblick / Themenindex => KW26

Störfälle der Woche: KW26-1997

17.6.97 Chefin der Atom-Aufsichtsbehörde über Deregulierung der Elektrizitätswirtschaft besorgt

Die Deregulierung und die verschärfte Konkurrenz unter den amerikanischen Betreiberfirmen der Atomkraftwerke stellt nach Ansicht der Vorsitzenden der Atom-Aufsichtsbehörde eine erhebliche Herausforderung bei der Gewährleistung der Sicherheit dar. Dies hat die Vorsitzende erneut in einer Rede ausführlich dargestellt.
Damit ist nicht nur die Gewährleistung gemeint, daß für die Anlagen ausreichende Rücklagen für den Fall vorhanden sind, daß die Betreiberfirma bankrott geht und der Reaktoren abgerissen werden muß. Auch die Stabilität der externen Stromversorgung und damit die Wahrscheinlichkeit schwerer Unfälle ist nach ausführlichen Untersuchungen der Behörde deutlich erhöht. Die Vorsitzende beschreibt in der Rede die vielfältigen Ursachen von Stromausfällen in den letzten Monaten in den USA und zeigt, daß ein großer Teil auf die zunehmende Netzinstabilität zurückgeht. Die Wahrscheinlichkeiten, daß bei einem Netzausfall auch die Eigenversorgung der Reaktoren aus Notstromdieseln versagen könnte, ist entsprechend erhöht. Dies stelle neue Herausforderungen an die für die Sicherheit der Anlagen verantwortlichen Aufsichtsbehörden.
Quelle: Rede von Chairman Dr. Shirley Ann Jackson beim Annual Meeting der Nuclear Electric Insurance
s-97-16.txt

20.6.97 AKW Oconee 1: Stromausfall wird untersucht

Ein ungewöhnlicher Stromausfall wurde beim derzeit zum Brennstoffwechsel abgeschalteten AKW Oconee 1 berichtet. Während eines Tests wurde die Versorgungsleitung zu einem Dampfkraftwerk, das eine unabhängige Versorgung des Reaktors sicherstellt, kurz unterbrochen. Daraufhin startete die zweite Versorgung des AKW, das Wasserkraftwerk Keowee. Bei der Umschaltung auf diese weitere Versorgung versagten aber aus unbekannter Ursache die entsprechenden Schalter, so daß eine Notversorgung nicht zustandekam. Da die Versorgung über das Dampfkraftwerk wiederhergestellt werden konnte und der Reaktor im abgeschalteten Zustand war, ist dieser Vorfall zwar nicht kritisch. Wäre er während des Leistungsbetriebes aufgetreten, ergäben sich jedoch ernste Folgen (sogenannter Station Blackout mit Ausfall aller Noteinrichtungen). Die Aufsichtsbehörde hält den Vorfall für so gravierend, daß sie ein Untersuchungsteam entsandt hat, das die Ursachen für den Ausfall der Umschaltung klären soll.
Quellen: Störfallmeldung der NRC
970623dr.txt Event Nummer 32517; Presseerklärung der NRC Region II 2-97-50.txt; Preliminary Notice der NRC 297036pn.txt

20.6.97 Aufsichtsbehörde warnt vor Verstößen gegen Strahlenschutzvorschriften in Kernkraftwerken

Mit einer Information Notice an alle Betreiber von Kernkraftwerken warnt die amerikanische Aufsichtsbehörde vor unbeabsichtigten Verstößen gegen die Strahlenschutzregelungen. Die Behörde zitiert verschiedene Fälle, in denen Mitarbeiter nicht oder unzutreffend über die Strahlungssituation informiert wurden und versehentlich mit erhöhten Strahlenbelastungen durch Inhalation von Alphastrahlern zu tun hatten. Sie weist darauf hin, daß auf Oberflächen auch längere Zeit, nachdem defekte Brennelemente in Kernkraftwerken ausgetauscht wurden, noch erhöhte Alphastrahlerkontaminationen durch Transurane Inhalationsbelastungen verursachen. Werden bei späteren Arbeiten die Inhalationsbelastungen nicht gemessen und überwacht, können unbilanzierte zusätzliche Belastungen auftreten, die erheblich seien. Die Betreiber werden aufgefordert, zu prüfen, ob dies auf die Verhältnisse in ihren Anlagen zutrifft.
Quelle: Information Notice IN97-36 der NRC "UNPLANNED INTAKES BY WORKER OF TRANSURANIC AIRBORNE RADIOACTIVE MATERIALS AND EXTERNAL EXPOSURE DUE TO INADEQUATE CONTROL OF WORK

21.6.97 AKW Clinton: Vorarbeiter des Reparaturteams unter Marihuana

Bei einem Drogentest wurde bei einem nicht-lizensierten Vorarbeiter des Reparaturteams Spuren von Marihuana festgestellt. Die von ihm früher durchgeführten Arbeiten werden jetzt nochmals überprüft, seine Zugangserlaubnis wurde entzogen.
Quelle: Störfallmeldung der NRC
970623dr.txt Event Nummer 32520

21.6.97 AKW TMI-1: Reaktorschnellabschaltung wegen Verlust der externen Versorgung und verlängerte Abschaltzeiten bei der Schnellabschaltung

Um 12:14 Uhr Ortszeit kam es wegen eines defekten Isolators zu einem Kurzschluß. Aus noch nicht bekannten Gründen kam es danach auch zum Ausfall des unabhängigen zweiten Isolators, sieben weitere Unterbrecher der Netzanbindung fielen aus und die Verbindung zum externen Netz wurde dadurch völlig getrennt. In der Folge wurde der Reaktor durch Einfall der Regelstäbe automatisch schnell-abgeschaltet. Die Notversorgung mußte mit den Notstromdieseln erfolgen. Da die Kühlmittelpumpen keinen Zwangsumlauf mehr lieferten, mußte die gesamte Nachzerfallswärme durch Abblasen von Dampf über Dach abgeführt werden. Die zweite, nicht von einem Defekt lahmgelegte Netzanbindung konnte später wiederhergestellt werden. Erst um 21:15 bzw. 21:22 Uhr gelang es, die vier Kühlmittelpumpen wieder zu starten.
Bei der Schnellabschaltung fielen gleich drei Stäbe mit 1,696, 2,007 und 2,172 Sekunden langsamer in den Reaktorkern ein, als dies die Spezifikationen erlauben (1,66 Sekunden). Später wurde noch ein vierter Stab mit verlängerter Fallzeit identifiziert. Als Ursache wird vom Betreiber das Versagen der thermischen Barriere genannt, die die Antriebseinheiten der Stäbe vor thermischer Beschädigung schützt. Dies ist schon seit längerem bekannt, ein Teil der thermischen Barrieren wurde jedoch nicht ausgetauscht. Die drei Stäbe mit verlängerter Einfallzeit gehören dazu. Vor der Inbetriebnahme des Reaktors soll jetzt der Austausch vorgenommen werden.
Der am gleichen Standort (Harrisburg) errichtete zweite Reaktor wurde vor Jahren durch eine partielle Kernschmelze zerstört und soll abgerissen werden.
Quellen: Störfallmeldungen der NRC
970623dr.txt Event Nummern 32521 und 32522; Störfallmeldung der NRC 970627dr.txt, Event Nummer 32522; Preliminary Notice der NRC 197037pn.txt

22.6.97 AKW Arkansas 1: Ausfall der Klimaanlage legt Computer für Anzeige der Sicherheitsparameter lahm

Wegen Überhitzung eines Raumes durch den Ausfall einer Klimaanlage sind die Computer ausgefallen, die für die Anzeige der Sicherheitsparameter eingesetzt werden. Eine zusätzlich herbeigeschaffte Ersatz-Klimaanlage fiel ebenfalls aus. Die Computer wurden mehrfach wieder neu gestartet und fielen jedoch stets wieder aus. Auch nach Wiederherstellung der normalen Raumtemperatur konnte die Anbindung eines der beiden Rechner an die zweite Station nicht voll wiederhergestellt werden, so daß die Parameter für eine Stunde lang nur von der Notwarte aus überwacht werden konnten.
Quellen: Störfallmeldungen der NRC
970623dr.txt Event Nummer 32524 und 970624dr.txt Event Nummer 32524

22.6.97 Aus Gewissensgründen ausgestiegener Ingenieur erhält 8,4 Millionen Dollar Entschädigung

Die Firma Fluor Daniel Fernald wird an an den Ingenieur William Watt aus Augusta (Georgia) 8,4 Millionen Dollar zahlen. Dieser war im Januar 1995 aus einem nuklearen Abriß-Projekt ausgestiegen, weil er die dauernden Verstöße der Firma gegen Gesetze und Vorschriften nicht mehr mitmachen wollte. Er unterrichtete die Aufsichtsbehörden davon. Nun hat er Klage eingereicht und vor Gericht diese Vereinbarung mit seinem früheren Arbeitgeber erreicht. Die Firma zahlt zwar die Entschädigung, erkennt damit aber die Verstöße nicht an. Wenn die Firma den Rechtsstreit verloren hätte, hätten ihr 276 Millionen Dollar Vertragsstrafe gedroht. Ein Gesetz schützt in USA sogenannte Whistleblower, die Verstöße an die Aufsichtsbehörden melden.
Quelle: Environmental News Service, am 22.6.97 über NUKENET

23.6.97 AKW Susquehanna: $210.000 Strafe für Sicherheitsverstöße

Gegen den Betreiber Pennsylvania Power & Light Co ist von der Aufsichtsbehörde eine Geldbuße von $210.000 verhängt worden. Ein Schalter für einen Notstromdiesel war falsch eingestellt, was im Bedarfsfall dazu geführt hätte, daß der Diesel nicht verfügbar gewesen wäre. Der Mangel war von der Betriebsmannschaft bei drei aufeinanderfolgenden wöchentlichen Überprüfungen übersehen worden. In den schriftlichen Berichten hatten die Operateure bestätigt, daß der Schalter in der richtigen Position sei. In ungefähr 157 weiteren Fällen hatten die Operateure auch Alarm-Tests bestätigt, sie jedoch tatsächlich nicht durchgeführt. Außerdem wurde die Buße für eine ungeeignete Deaktivierung eines Containment-Isolierventils ausgesprochen. Dieses war in Offen-Stellung blockiert worden, ohne die entsprechenden Sicherheitsanforderungen zu beachten. Zusätzlich waren von nichtlizensierten Operatoren administrative Vorschriften zum Notabschalt-Sprühsystem mißachtet worden. Die Aufsichtsbehörde klassifiziert die Fehler als ernste Sicherheitsdefizite der Stufe II. Der Betreiber hat 30 Tage Zeit, die Buße anzuerkennen und zu bezahlen.
Quelle: Presseerklärung der NRC Region I
1-97-71.txt

23.6.97 AKW Zion: Vorladung wegen Sicherheitsverstößen

Wegen vielfacher Verstöße gegen Vorschriften ist der Betreiber Commonwealth Edison jetzt vorgeladen. Im ersten Fall hatte ein Reaktorfahrer die Regelstäbe eingefahren und anschließend ohne Beachtung der entsprechenden Vorschriften wieder ausgefahren. Es ergab sich dadurch zwar kein ernsthafter Vorfall, die Aufsichtsbehörde stuft dieses Verhalten jedoch als symptomatisch ein, weil es auf Defizite im Kontrollraum bezüglich Praktiken, schlechter Kommunikation und unangemessener Überwachung hinweist. Ein weiterer Fall betrifft ein Vorkommnis bei angeschaltetem Reaktor. Außerdem waren in einem weiteren Fall alle drei Anzeigen des Reaktorkühlsystem-Durchflusses für eine Reparatur außer Betrieb genommen worden, obwohl mindestens ein System in jedem Fall notwendig ist. Weiterhin soll ein Fall diskutiert werden, bei dem durch Bildung einer Gasblase der Wasserstand im Reaktor zu niedrig war. Dies war nicht entdeckt worden, weil das entsprechende Meßgerät zu diesem Zeitpunkt nicht eingeschaltet war. Es war auch versäumt worden, über den Vorfall die Aufsichtsbehörde schriftlich zu unterrichten.
Quelle: Presseerklärung der NRC Region III
3-97-61.txt

24.6.97 Endlager Yucca Mountain: Standort nach Ansicht von Wissenschaftlern ungeeignet

Ein Erdbeben in der Umgebung des geplanten amerikanischen Endlagers für hochradioaktive Abfälle in Yucca Mountain in Nevada könnte durch eine Verwerfung zu einem schlagartigen Anstieg des Grundwasserpegels und damit zu einer Überflutung des Lagers führen. Das haben zwei Wissenschaftler der Universität von Boulder (Colorado) anhand ihrer Auswertung der geologischen Daten, von historischen Erdbeben und der etwa 20 Testbohrungen in der Umgebung mittels Computermodell ermittelt. Der Anstieg des Grundwassers würde den Abfall erreichen, die Behälter würden korrodieren und einen Teil ihrer Radioaktivität in das Grundwasser abgeben.
Derzeit liegt der vom amerikanischen Energieministerium (DOE) auf seine Eignung untersuchte Standort in einem Berg in der Wüste von Nevada, 50 Meilen nördlich von Las Vegas, weit oberhalb des Grundwasserspiegels. Dieser liegt derzeit im Bereich des Berges mit 1200 Fuß ungewöhnlich tief (600 bis 800 Fuß tief unter Geländeniveau), könnte aber bereits bei einem Erdbeben der Stärke 5 oder 6 um 450 bis 750 Fuß ansteigen. Bereits 6 Meilen nördlich des Standortes liegt er bereits heute 600 Fuß höher. Die Forscher führen dies auf geologische Störungen unter dem Berg Yucca Mountain zurück, die sich im Falle eines Erdbebens verändern könnten. Sie leiten dies aus der Auswertung historischer Erdbeben ab, die zu einem Herausdrücken von Grundwasser geführt haben. Sie zitieren die Erdbeben der Magnitude 7 in den Borah Bergen in Montana in 1983 und der Magnitude 7,3 am Hebgen Lake in Montana in 1959, die in ähnlichen geologischen Formationen auftraten, wie sie bei Yucca Mountain vorliegen. Yucca Mountain liegt in einer tektonisch sehr unruhigen Zone, wie relativ junge historische Ereignisse in geringem Abstand zu dem geplanten Standort zeigen. Die Wissenschaftler halten den Standort deswegen für denkbar ungeeignet.
Erst vor kurzem war bekannt geworden, daß die Untersuchung von Bohrkernen aus dem Yucca Mountain das tiefe Eindringen von jungem Regenwasser in den Endlagerbereich ergab. Die Ergebnisse bestätigen die Existenz von größeren Störungen im Tuffgestein, über die das Eindringen von Niederschlagswasser rascher als vermutet möglich ist. Eindringendes Wasser kann die Korrosion von Metall und das Herauslösen radioaktiver Stoffe sehr hoch beschleunigen.
In dem Endlager in Tuffgestein sollen etwa 50.000 Tonnen abgebrannte Brennelemente aus amerikanischen Atomkraftwerken und die verglasten hochradioaktiven Abfälle aus der militärischen Plutoniumproduktion endgelagert werden. Die Dichtigkeit der Behälter soll dabei für mindestens 10.000 Jahre garantiert werden.
Quelle: Presseerklärung von
J.B.Davies und P.Caughey (University of Colorado at Boulder)

25.6.97 NRC nominiert Aufpasserliste für notorisch schlecht geführte Kernkraftwerke

Die amerikanische Aufsichtsbehörde NRC hat 13 Kernkraftwerke auf ihre Watchdog-Liste gesetzt, die erhöhter Aufmerksamkeit ihrer Inspektoren bedürfen. Im einzelnen handelt es ich um (Betreiberfirma und Aufnahme in die Liste in Klammern):
Die Originaltexte der Briefe an die Utilities können über die
Webseite der NRC abgerufen werden.
Quelle: Presseerklärung der NRC 97-095.txt

25.6.97 Cs-137-Quelle in Houston verloren

Bei der Western Atlas International Inc. in Houston (Texas) ist eine radioaktive Quelle mit 0,3 mCi Cs-137, die zur Eichung verwendet wurde, verlorengegangen. Die Suche wurde eingeleitet.
Quelle: Störfallmeldung der NRC
970626dr.txt Event Nummer 32537

26.6.97 AKW Vermont Yankee: Von Aufsichtsbehörde vorgeladen

Untersuchungen haben ergeben, daß zwischen dem Design bzw. der Sicherheitsanalyse und der tatsächlichen Konfiguration des Reaktors erhebliche Unterschiede bestehen. Es geht dabei um die Entladung von Brennstoff aus dem Reaktor. Ähnliche Unterschiede zwischen Auslegung und Prozedur waren bereits bei anderen Reaktoren aufgefallen. Wegen der Unterschiede ist der Betreiber zur öffentlichen Anhörung vorgeladen.
Quelle: Presseerklärung der NRC
1-97-74.txt

26.6.97 Quad Cities: $50.000 Geldbuße

Der Betreiber des Reaktors in Illinois, Commonwealth Edison, wird im Zusammenhang mit Sturmschäden zu einer Geldbuße verurteilt, die Anfang letzten Jahres im Innern und am Äußeren des Reaktorgebäudes entdeckt wurden. Der Betreiber hatte Rohrleitungen an den äußeren Abblaseeinrichtungen angebracht, ohne die erforderliche Überprüfung ihrer Sicherheitsfunktion durchzuführen. Außerdem waren Bolzen defekt, die zu einem Versagen der Einrichtung im Bedarfsfall geführt hätten. Außerdem hatte er die Defizite nicht untersucht und beseitigt.
Quelle: Presseerklärung der NRC
3-97-64.txt

27.6.97 Leukämie-Studie zur Wiederaufarbeitungsanlage La Hague bestätigt - Regierung kündigt weitere Untersuchungen an

Nach Angaben von Le Monde hat der neue französische Staatssekretär im Gesundheitsministerium bestätigt, daß nach einer neuen Untersuchung die von Professor Francois Viel im Januar berichteten erhöhten Leukämieraten in der Umgebung der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague zutreffend seien. Er kündigt weitere Untersuchungen der Krebsfälle, der radioaktiven Belastungen und eine Verbesserung der Krebsregister an. Auch Dominique Voynet, die neue Umweltministerin, kündigte Untersuchungen der radioaktiven Belastungen an. Greenpeace Frankreich, die wegen ihrer Beprobungen von Wasser und Boden in der Umgebung des Abflußrohres der Anlage von COGEMA angegriffen wurden, hat die Äßerungen begrüßt.
Quelle: PeaceNet, Larry Fletcher am 26.6.97 über NUKENET